Ein Leben mit Skoliose bis zur Operation

Bei mir wurde als Kind mit 12 Jahren Skoliose per Zufall diagnostiziert. Ich hatte zu meinem 12. Geburtstag eine karierte Jacke bekommen und immer wenn ich die angezogen hatte wurde ich ermahnt gerade zu gehen. Eines Tages sagte meine Mutter zu mir:“ Geh mal zu unserem Hausarzt, irgendwas stimmt mit deinem Rücken nicht.“ Gesagt, getan ich ging zu unserem Dorfarzt und der stellte die Verdachtsdiagnose Skoliose. Oh Gott, für mich als Kind war dieses Wort schon ein Trauma: SKOLIOSE hörte sich nach was ganz Schlimmes an. Ich bekam eine Überweisung zum Orthopäden, wurde dort geröntgt und es stellte sich heraus ich hatte eine Skoliose mit 18 ° nach Cobb. In kurzer Zeit wurde eine Reha (damals hieß es noch Kur) beantragt und ich wurde für 4 Wochen in die Lehnhardt-Schroth-Klinik nach Bad Sobernheim gebracht. Für mich als Kind war das schrecklich, erst die Diagnose, dann für 4 Wochen von zu Hause getrennt zu sein. Ich lernte dort Frau Katharina Schroth und deren Tochter Frau Lehnhardt-Schroth kennen, beide waren sehr nett, kannten aber kein Pardon wenn man nicht mitgeturnt oder die Übungen nicht mitmachen wollte. Als Kind habe ich dieses Prozedere über mich ergehen lassen, ich hatte ja auch keine andere Wahl, weil meine Eltern ja nur das Beste für mich wollten. Heute als erwachsene Frau sehe ich dies ja alles ein bisschen anders, aber damals als Kind habe ich mich und meine Krankheit gehasst.

Als ich wieder zuhause war kam der nächste Schock für mich, ich bekam vom Orthopäden ein Gipsbett verordnet, wo ich dann nur auf dem Rücken schlafen durfte. Ich ging wöchentlich zur Krankengymnastik und wurde als Kind genötigt jeden Tag zuhause zu üben. Ich habe versucht mich immer davor zu drücken, heute würde ich das nicht mehr machen, aber als Kind wollte ich andere Dinge tun. 2 Jahre später musste ich wieder zur Reha nach Sobernheim, diesmal fand ich es schon nicht mehr so schlimm, weil sich mein Fokus auch schon ein wenig auf Jungens konzentrierte und auch wenn es ja eigentlich eine Mädchenerkrankung ist, gab es in Sobernheim schon einige Jungen mit der gleichen Erkrankung. Danach sollte ich dann ein Korsett bekommen, ich habe mich als 14 Jährige mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Erfolgreich sogar ich habe als Kind nie ein Korsett getragen.

Ich habe dann meine Lehre als Arzthelferin gemacht, habe mit 20 Jahren meinen Sohn bekommen und zu dieser Zeit war alles andere wichtiger nur mein Rücken nicht, wieso auch, ich hatte ja keine Schmerzen. Als mein Sohn dann etwas größer war und ich Zeit hatte mich wieder um mich zu kümmern, hatte sich meine Skoliose auf 38° nach Cobb verschlimmert. Nun war ich Erwachsen und habe verstanden, dass ich etwas für meine Gesundheit und meinen Rücken machen musste. Ich habe dann wieder mit Krankengymnastik begonnen und eine Ausbildung als Übungsleiterin für Gesundheitssport und Prävention absolviert. Ich hatte für mich verstanden, dass ich meine Skoliose nur mit viel Bewegung und Sport stabilisieren konnte. Dies ging auch einige Jahre sehr gut, ich war viele Jahre schmerzfrei und konnte wie jeder andere Mensch leben. Ich war manchmal sogar richtig stolz auf mich, wenn ich Patienten gesehen habe die keine Skoliose hatten, aber doch viel mehr Schmerzen hatten als ich. Mit der Zeit merkte ich natürlich, dass mein Buckel, den ich liebevoll „meinen großen Onkel“ nannte, stärker wurde. Ich habe bei der Kleidung immer alles eine Nummer größer gekauft um dies gut zu verstecken. Nach ganz vielen Jahren, es waren bestimmt 12-15 Jahre, habe ich dann nochmals einen Orthopäden aufgesucht, der mich erneut geröntgt hat und feststellte das sich meine Skoliose auf 68° nach Cobb. verschlimmert hatte. Ich konnte das gar nicht verstehen, da ich durch meinen vielen Sport, den ich machte, doch so gut wie keine Schmerzen hatte. Da fiel dann zum ersten Mal das Wort „Operation“. Ich war geschockt und lehnte dies entschieden ab. Die Folge davon war, dass der Orthopäde mich nicht weiter behandeln wollte. Nun gut, damit konnte ich leben, denn ich hatte ja meinen Sport. 2009 bekam ich die ersten Schmerzen, es wurde eine Reha beantragt und ich durfte nach Bad Salzungen, in die Seeklinik fahren, dies ist eine Klinik die Erwachsene nach Schroth behandelt. Nach dieser Reha hatte ich 6 Wochen lang ganz starke Schmerzen und ich habe dann wieder nach meinem Prinzip geturnt, 2 mal wöchentlich Bodenübungen und 3-4 mal wöchentlich im Fitness-Studio rückengerecht an den Maschinen. Aber bitte, dies sollte man nur in sehr guten Fitness-Studios wo man wirklich rückengerecht betreut wird und wo die Trainer auch etwas von Skoliose verstehen machen. So ging das dann noch eine ganze Weile gut, bis ich im Jahr 2010 im März gynäkologisch operiert werden musste. Nach dieser OP verschlimmerte sich meine Skoliose innerhalb 3 Monate so, dass der rechte Rippenbogen auf der rechten Hüfte scheuerte. Dies waren unerträgliche Schmerzen und ich hatte keine Lebensqualität mehr. Ich fuhr nach Leonberg und stelle mich erneut bei Dr. Hoffmann(Orthopäde Fachgebiet Skoliose) den ich mittlerweile ausfindig gemacht hatte vor. Der brachte mich mit Prof. Halm aus Neustadt i. H. zusammen. Meine Skoliose war erneut schlimmer geworden 78° nach Cobb. und nun wurde die Operations-Diagnose gestellt. Ich hatte großes Vertrauen zu Prof. Halm, da er mir genau erklärte was und wie er operieren würde.

Mittlerweile bin ich operiert und habe nur noch eine Skoliose von 9°nach Cobb, ein wunderbares Ergebnis und ich bin froh, dass ich mich zu Operation entschlossen habe. Über den Weg bis zur Operation, den Krankenhausaufenthalt und alles andere werde ich in meinem nächsten Schreiben (Teil 2) berichten, da mich das lange Sitzen am Computer doch noch sehr erschöpft.

Ein Leben mit Skoliose bis zur Operation

Nun jährt sich bald das Datum, an dem ich an meiner Skoliose operiert wurde, es ist ein komisches Gefühl zu sagen, nun ist die Operation schon ein Jahr her, aber es ist wirklich so und ich bin immer noch sehr froh, dass ich mich zu diesem schweren Schritt entschlossen habe. Mit dem Entschluss mich operieren zu lassen kamen bei mir die Ängste. Ich hatte nachts ganz fürchterliche Alpträume, ich hatte Angst, nicht mehr laufen zu können, oder gar nicht mehr aus der Narkose auf zu wachen. Ich hatte Zukunftsängste und Existenzängste, aber mein Mann hat mich immer wieder aufgefangen und mir Mut zugesprochen. Es ist ganz wichtig in so einer Situation jemanden zu haben und nicht alleine sein zu müssen. Ich bekam von Prof. Halm eine Liste, die ich vor der Operation noch abarbeiten musste. Ich sollte ein MRT der BWS und ein MRT der LWS machen lassen, sowie auch 3 Blutspenden die für die OP. benötigt wurden. Nun ging es los, ich hatte knapp 8 Wochen Zeit um dies zu erledigen. Aber die Terminvereinbarung für die MRT´s stellten ja schon eine hohe Herausforderung da, ich bin Kassenpatient und bekam so schnell keine Termine, erst nach langem Hin und Her und meiner hartnäckigen Art, bekam ich dann kurzfristig die Termine. Dann musste ich mich ja auch noch um die Blutspende-Termine kümmern. Dies ging relativ zügig, einen Termin in der Uniklinik Bonn, zu Voruntersuchung und dann 3 Termine zur Blutspende. Da mein Speichereisenwert (Ferritinwert)sehr niedrig war, habe ich zwischen den Blutspenden noch Infusionen mit einem Eisenpräparat bekommen, dies waren natürlich alles keine Kassenleistungen und ich musste das selbst bezahlen. Aber darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht, allerdings als ich dann auch noch die Transportkosten für mein Blut selbst bezahlen sollte wurde es doch ein bisschen viel und ich habe mit der Krankenkasse herumgestritten bis man mir die Kosten für den Transport (299,- Euro) erstattet hat. Als ich dann alles zusammen hatte kam die Abreise nach Neustadt i. H. ich habe Nächte lang nicht geschlafen nur mit einem leichten Schlafmittel, war unkonzentriert und konnte kaum noch meinen Job erledigen. Zur stationären Aufnahme sollte man 2 Tage vor der OP. in der Klinik sein. Dort wird man ganz gründlich voruntersucht und liebevoll aufgenommen und betreut. Das ganze Team ist sehr nett und verständnisvoll. Ich habe dort über meine großen Ängste gesprochen und man hat mich in allen Dingen beruhigt, wenn ich nochmals eine Frage hatte, oder etwas nicht verstanden hatte, konnte ich immer wieder auf jemanden, auch auf einen Arzt, zurück greifen der mir dann nochmals alles erklärte. Wirklich super!!!

Dann kam der große Tag, ich war morgens gleich als erste an der Reihe und wurde in den Op.-Vorbereitungsraum geschoben, obwohl mir eigentlich nicht mehr zum Scherzen zu Mute war, habe ich dann doch noch mit dem OP-Pfleger herum gealbert und das war auch gut so, der hat mir meine Restangst genommen und ab dann habe ich ja nichts mehr mitbekommen. Als ich wach wurde hatte ich 2 Stäbe und 26 Titanschrauben im Rücken, eine lange Narbe, eine Schmerzpumpe und 2 Drainagen für die Wundflüssigkeit. Ich musste 1 Tag auf der Intensivstation verbringen, aber darüber war ich ganz froh, es diente ja nur zu meiner Sicherheit. In der ganzen Zeit, hat man sich aber auch ganz liebevoll um meinem Mann gekümmert, der natürlich am OP-Tag mehrfach in der Klink angerufen hat und er als ich auf Intensiv lag, mich auch dort kurz besuchen durfte. Nun war ich operiert!!!!!! Ab jetzt begann mein Leben nach der Skoliose-Operation. Ich sagte mir, nun kann es ja nur noch besser werden, jeden Tag ein Stückchen mehr. Ich kam dann auf die Normal-Station und musste den nächsten Tag gleich schon wieder Aufstehen und vor dem Bett ein bisschen Stehen, dies klappte mehr oder weniger gut, da ich doch sehr schwach und mein Kreislauf im Keller war. Jetzt musste ich jeden Tag Aufstehen, da ich ein Korsett zur Stabilisierung bekommen sollte. Mit Hilfe eines netten Krankgengymnasten ging das auch ganz gut. Am 3. Tag nach OP musste / durfte ich schon duschen, das war super anstrengend, aber auch ein Wohltat für mich. Jeden Tag ging es etwas besser, die Schmerzen hielten sich in Grenzen und ich konnte über meine Schmerzpumpe das Morphin dosieren. Bei Bedarf bekam ich aber auch etwas von den Schwestern. Ich durfte auf dem Rücken und auf der Seite im Bett liegen. Nach 3 Tagen wurden die Drainagen-Schläuche gezogen, nach 10 Tagen wurden die Klammern entfernt und nach 14 Tagen durfte ich nach Hause. Zwischenzeitlich musste ich mehrfach mit der Krankenkasse telefonieren wegen Kostübernahme für eine Zange, damit ich mich nicht mehr bücken muss, das Korsett, einen Rollator, einen Duschstuhl und ein Krankenbett. Bekommen habe ich aber nur das Korsett und die Zange. Ein Liegend-Transport, mit einem Krankenwagen, aus der Klinik bis nach Hause wurde auch nicht von der Krankenkasse übernommen. Die Kosten hätten sich auf ca. 1000,- € belaufen. Nun als der Tag der Entlassung kam, hat mein Mann unser Auto umgebaut, so dass ich auf dem Beifahrersitz liegen konnte. Die Klinik hat mich mit einer Dosis Morphin versorgt und wir sind mit unserem eigenen Auto nach Hause gefahren. Ich war erstaunt wie gut das doch ging, leider hatten wir ganz schlechtes Wetter und ganz viel Schnee, im letzten Dezember, das wir für eine Fahrt die normalerweise 5 Stunden dauert, doch 10 Stunden gebraucht haben. Ich habe trotzdem alles gut überstanden und war froh wieder in meinem Bett schlafen zu können und das Beste ich durfte wieder auf dem Bauch schlafen. Ein Pflegedienst wurde von der Krankenkasse für mich auch nicht bezahlt, da keine kleinen Kinder mehr vorhanden waren. Ich habe dann über das Wochenende kräftig geübt, alleine aus dem Bett aufzustehen, um zur Toilette gehen zu können und war dann ab montags ganz auf mich alleine gestellt. Die Tage waren unendlich lang, ich habe aber viel geschlafen und die meiste Zeit im Bett verbracht. Weihnachten bin ich dann das erste Mal für eine längere Zeit aufgestanden und wir haben einen kurzen Besuch bei unseren Nachbarn gemacht. Wenn ich mich im Haus bewegt habe, musste ich immer das Korsett tragen. Dies habe ich aber als angenehme Unterstützung empfunden und nicht als Last!!!!!

Mitte Januar bin ich dann, als echter Karnevalist, auf die erste Karnevalssitzung (auch mit Korsett) gegangen, wir haben uns bis zur Hälfte das Programm angesehen und sind dann wieder nach Hause gefahren. Ich war stolz wie Bolle, denn das war eines meiner Ziele, die ich mir nach der Op. gesetzt, hatte. Nach Karneval im März 2010 habe ich dann das Korsett abgelegt und das Morphin abgesetzt, natürlich nur unter medizinscher Betreuung. Es ging mir, von Woche zu Woche besser, ich habe im Winter viel gemalt und war erstaunt, dass ich dieses Talent besaß. Dann kam im Juni die Reha, wieder in Bad Salzungen in der Seeklinik. Dort kam ich ganz schnell an meine Grenze, ich hatte einen physischen und psychischen Zusammenbruch. Es war mir alles zu viel, die Übungen unendlich anstrengend, das Tagesprogramm von morgens 8.00 Uhr bis nachmittags um 16.30 Uhr, das habe ich alles nicht geschafft. Die Stationsärztin hatte aber großes Verständnis und mein Programm wurde massiv reduziert. Nach 3 Wochen wurde ich entlassen und ich bekam wieder schlimme Schmerzen. Ich war entsetzt, denn vor der Reha war ich so gut wie Schmerzfrei und nun wieder Schmerzen. Alle, Ärzte, Physiotherapeuten und ich weiß nicht wer noch alles, sagten immer: „Hab Geduld, das wird besser werden, das darf jetzt noch sein.“ Ja, aber wann??? Mittlerweile war ich ziemlich deprimiert, da fährt man in Reha, um eigentlich wieder für die Arbeit hergestellt zu werden und dann so was. Im August sollte ich dann wieder in den Beruf eingegliedert werden, was aber auch kläglich scheiterte, da ich auch hier nach 3 Stunden Sitzen vollkommen überfordert war. Ich hatte massive Konzentrationsstörung und Schmerzen beim Sitzen. Der Versuch der Eingliederung wurde abgebrochen und ich bin immer noch krankgeschrieben, nun schon ein ganzen Jahr. Jetzt läuft ein Antrag auf ein Rentenbegehren. Ich musste mich 2 Gutachter vorstellen, die Beide der Ansicht waren, das man mir doch für 2-3 Jahren Rente gewähren sollte. Nun warte ich auf den Bescheid. Insgesamt bereue ich es auch heute, nach einem Jahr, nicht dass ich mich zur Operation entschlossen habe. Ich habe nach wie vor, gute und auch manchmal weniger gute Tage, bin aber lange nicht mehr so leistungsfähig wie vor einem Jahr. Ich bin aber positiv gestimmt, dass ich auch dies wieder hinbekommen werde. Aber mit 51 Jahren ist man ja auch kein junges Mädchen mehr. Ich habe durch die Operation vieles gelernt, z. B. Geduld zu haben, auf Entscheidungen oder Bescheide zu warten, mich nicht zu übervorteilen, nicht gleich zu viel wollen, wozu ich eigentlich immer noch neige. Meinen Körper aus einer ganz anderen Sicht zu betrachten und auf meine Körper zu hören, auf meine Psyche zu achten, denn auch nach der O gibt es viele Ängste, insbesondere Existenzängste , kann man je wieder Arbeiten, wird man berentet, wie geht es weiter, usw.usw.. Aber das Wichtigste, auch nach der Operation, ist der SPORT, nach einigen Monaten Krankengymnastik, habe ich im März wieder begonnen, nach Rücksprache mit Prof. Halm, im Fitness- Studio an den Geräten zu arbeiten. Erst habe ich nur Ausdauer trainiert und ab Mai durfte ich dann auch wieder mit leichten Gewichten anfangen, zusätzlich mache ich wieder in den Kursen, Rückenschule und Wirbelsäulengymnastik mit. Auch hier musste ich feststellen, dass ich nicht an allen Tagen gleich gut trainieren kann. Nun endet mein Erfahrungsbericht über: Ein Leben mit Skoliose vor und nach Operation, ich hoffe ich konnte vielen Skoliose-Patienten helfen, für sich die richtige Entscheidung zu treffen. Operation ja oder nein. Die Entscheidung sich operierten zu lassen kann man nur selbst fassen, dies kann einem niemand abnehmen, auch der Angst, die man verständlicherweise vor so einer Operation hat, muss man sich selber stellen. Aber eine wichtige Frage die man sich stellen sollte, ist: „Habe ich noch Lebensqualität“?

Ich stehe allen, die noch Fragen an mich haben, gerne zur Verfügung. Herr Moog darf dann meine Telefonnummer weitergeben.

Ich verbleibe bis dahin Ihre Gudrun St.-St